Wo kein Funke ist, wird auch kein Feuer entfacht

Ohne Begeisterung schlafen die besten Kräfte unseres Gemütes. Es ist der Zunder in uns, der Funken will. – Johann Gottfried von Herder





Aber Zunder allein reicht eben nicht. Wer meinen Blog oder besser mein Istagram-Profil aufmerksam verfolgt, hat bemerkt, dass in meinem Leben momentan weit mehr Natur, als Menschen vorherrschen. 
Das liegt daran, dass ich momentan in einer der dünn besiedelsten Regionen Deutschlands lebe und arbeite. Hier gibt es den großen Fluss, der Lebensraum für seltene Vögel und Amphibien schafft, und einen Radwanderweg, der bis nach Hamburg geht. Bis Hamburg ist es allerdings weit und mit dem Rad noch viel weiter. Hier ist einiges weit. Weite Wiesen, Felder und Wälder reihen sich ein in die weiten Strecken, die man für alltägliche Dinge zurücklegen muss. 7 km bis zum nächsten Bahnhof, 18 km bis zum Kino, Einkaufen und Friseur, 22 km zum nächsten Krankenhaus und bis zum nächsten gut sortieren Flohmarkt sogar 45 km. DSL gibt es erst seit 2012 und der Handyempfang ist grotten schlecht. Das hier nur die härtesten leben braucht man nicht zu leugnen. Nur wer verwurzelt ist, und Familie und Freunde vor Ort hat, lebt hier sein Leben lang. Viele die wegen der Ruhe und der Abgelegenheit kamen, sind genau aus den Gründen auch wieder gegangen. 
Dafür kennt jeder jeden. In so einer Region weiß die Nachbarin als erstes, dass im Haus gegenüber ein Kind unterwegs ist, und dass noch bevor es die werdende Mutter wahrgenommen hat. Jahrzehnte weiß man, dass das eine Kind der Familie adoptiert ist und es auch mit fast 40 Lenzen noch immer keinen blassen Schimmer davon hat. Aber früher oder später kommt es eh heraus. 
Es ist also alles klein und gemütlich und als junger Mensch auch aus haltbar. 



Aber zurück zum Zunder und den wenigen Menschen, die in dieser Region leben. Die meisten jungen Leute verlassen die Gegend um in der Ferne eine gute Ausbildung zu machen und machen dabei Erfahrungen, von denen man Zuhause nie geträumt hat. Kommt man allerdings zurück vermisst man die seltsamsten Dinge. Ich vermisse am meisten ein Café mit tollem Kaffee in dem man den halben Tag verbringen könnte. Und eine Bar oder einen Club in dem man am Freitagabend ins Wochenende starten könnte. Aber auch der nächste Club, der jedes Wochenende geöffnet ist liegt 65 km gen Süden. Da überlegt man sich mehr als zwei Mal, das Wochenende mit ein halben Weltreise zu beginnen, wenn man zuvor gewohnt war mit dem Rad oder per pedes zum Club gekommen ist. 
Die Kehrseite der Medaille ist dann allerdings, dass man kaum neue Menschen in seinem Alter kennen lernt, die noch großes vorhaben. Ne Freundin, hat mir aber auch dagegen Abhilfe verschafft. Es gäbe ja ganz famose App's für Singles. Was hab ich schon zu verlieren, dacht ich mir und probierte es aus. Das ist jetzt 14 Tage her. Ich habe 107 potenzielle Partner gefunden, die sich auch von mir erhofften, dass der Funke überspringen würde, aber mal unter uns - überzeugt bin ich davon nicht. 

Für alle die sich in dem Bereich nicht auskennen und meine Anspielung mit dem Zunder noch nicht nachvollziehen können, kommt hier nun mal eine kleine Einweisung. 



Meine getestete App nennt sich tinder und funktioniert nur mit einem facebook-Account. Ich sollte von meinen Profilbildern die treffensten aussuchen und einen kleinen Text dazu schreiben. 
Folgenden hab ich mir aus den Fingern gesogen: 

Man sollte die Dinge so nehmen, wie sie kommen. Aber man sollte dafür sorgen, dass die Dinge so kommen, wie man sie nehmen möchte.
Curt Götz

Berlin? Rostock? Oder doch Hamburg? Erstmal auf der Durchreise ...

Ansonsten bin ich 1,76m groß, spiele mit dem Gedanken nach Schweden auszuwandern, Bloggerin, liebe Stricken, Reisen und Backen. 

Tinder ist wohl die oberflächlichste Art jemanden kennen zu lernen, aber einen Versuch ist es wert, oder?

Jag har bara 3 månader kvar att leva … ;)

Oberflächlich ist es wirklich. Man erfährt den Vornamen, das Alter und die Entfernung des Kandidaten. Man kann durch seine Bilder blättern und etwas Glück haben und auch einen Text vorfinden. Den Text den ich am meisten gelesen habe, war: "Wir können ja sagen, dass wir uns im Supermarkt kennen gelernt haben." Der schönste dagegen war: " In meinem Portmonee ist noch ein Fotoplatz frei."

Gefällt einem das was man zusehen und lesen bekommt wischt man die Anzeige nach rechts, wenn nicht nach links. Sollte auch das Gegenüber mein Profil nach rechts gewischt haben, erlangt man einen Treffer und die Chatfunktion wird freigeschaltet.

 


Und dann geht der Spaß erst los. Oder eben nicht. Denn die Fragen sind alle sehr ähnlich: Wie geht's dir? Wo kommst du her? Warum bist du auf Tinder?

Ja, warum? Um Männer danach zu beurteilen, ob sie eine Zigarette in der Hand halten, ein Fußballtriko anhaben oder nicht aussehen wie ein Modell? Nach welchen Kriterien soll man da gehen? Eben alles sehr oberflächlig. Nachdem ich nun wieder einige Tage in der Stadt war und auf sehr nette Männer getroffen bin, die ich bei tinder nie nach rechts gewischt hätte, bin ich das wischen nun leid. Kennen lernen geht eben im realen Leben am allerbesten. Und dann ist es auch nebensächlich ob Raucher, Fußballfan oder sogar beides. Sowieso wie würde es nach tinder weiter gehen? Die meisten Treffer waren auch 130 km von hier entfernt. Soll ich mich dann doch aus Rad schwingen und den Radweg Fluss abwärts fahren? Und wenn es passt, dann jedes Wochenende? Zugegen, es wäre optimal für meine Konditionen …


Also heißt es bye bye tinder und hello real life!

Kommentare

  1. Was für ein toller Post, du sprichst mir aus dem Herzen...

    Liebste Grüße zu dir :-)

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  2. Ein toller Post und schön geschrieben ich glaube im realen Leben lernt man viel besser kennen

    Liebe Grüße
    Armida

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Ich freue mich über jedes Feedback :) Danke schon mal.

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